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Gedanke der Woche, Purim:



Wollen Sie Ärger?

Er sah ihn kommen. Alle knieten nieder, doch Mordechai blieb sitzen. Als Haman sich näherte, begegneten sich ihre Blicke. Haman sah in Mordechais Augen weder Wut noch Aufsässigkeit, nur die entschlossene Ruhe eines Mannes, der weiß, wofür er eintritt und auf wessen Seite er steht. In diesem Moment beschloss Haman, Mordechai und sein Volk zu vernichten.

Haman war der persische Vizekönig, der mächtigste Mann im mächtigsten Reich der Welt. Mordechai war der Sprecher der Juden. Er „saß am Tor des Königs“ und war einer der königlichen Berater. Haman hatte beim König durchgesetzt, dass alle Bürger sich vor dem Vizekönig verneigen mussten. Mordechai weigerte sich. Warum? Er war doch Realist und wusste, was ihn erwartete. Weshalb setzte er alles aufs Spiel, nicht nur sein Leben und seinen Rang, sondern auch das Leben aller anderen Juden?

Haman wollte wie ein Gott verehrt werden. Na und? Man konnte sich ja verneigen und dann weitergehen. Ist es nicht sinnlos, sich zu weigern und dafür sein Leben und das Leben des ganzen Volkes zu opfern? Nun, genau darum geht es. Manche Regeln hat G–tt in die Substanz des Universums eingewoben und dadurch unverletzlich gemacht. Wir dürfen sie niemals brechen, sonst werden wir daran zerbrechen. Keine andere Macht als G-tt anzuerkennen ist das höchste aller Gesetze, und dagegen hätte Mordechai verstoßen, wenn er sich vor Haman verbeugt hätte. Natürlich hielt er Haman nicht für einen Gott - aber niemand stellte ihm eine philosophische Frage; man verlangte von ihm, etwas zu tun.

Würde er sich vor Haman verneigen und so das persische Reich als die größte Macht in seinem Leben anerkennen? Oder würde er Hamans Befehl missachten und seine Rache heraufbeschwören, jedoch G-tt treu bleiben? Für Mordechai war das keine Frage. Er trennte seinen Glauben nicht von seinem Leben und seine Grundsätze nicht von seinem Alltag. Er lebte, was er glaubte, und er glaubte, was er lebte. Es gab keinen Widerspruch.

Und das galt nicht nur für ihn. Alle Juden standen hinter ihm. Selbst als Haman befahl, jeden Juden hinrichten zu lassen, versteckten sie sich nicht. Im Gegenteil – sie hielten an der Torah und ihren Geboten fest. Ist das abstrakter Idealismus oder eine unpraktische Haltung?

Nun, wir wollen sehen, wie es weiterging. Haman wurde getötet, Mordechai übernahm sein Amt, und anstatt von ihren Feinden umgebracht zu werden, töteten die Juden alle, die sie vernichten wollten. Nicht schlecht für Idealisten! Aber das war kein Idealismus, sondern die Einsicht in die Realität unserer Existenz. Diese Welt ist G-ttes Welt, und weil Mordechai und die Juden daran festhielten, hatten sie Erfolg.




Der Standpunkt des Rebbe
Gedanken und Einsichten des Lubawitscher Rebbe

Was du erfahren kannst, ist nicht unendlich. Was du spürst, kann nicht G–ttes Wesen sein. Offenbarungen und Erscheinungen sind nicht das Höchste im Leben. Das Höchste ist, wenn du einfach deine Pflicht tust. Vielleicht empfindest du dabei nichts und hast nicht einmal Zeit, dich zu fragen, ob du etwas empfindest. Aber du bist eins mit G–ttes Wesen und Existenz, du bist ein Strahl seines Lichts.




Purim in Fossano

Fossano in Norditalien liegt am Fuße der Alpen in der Nähe des Passes, der durch das Hochgebirge zwischen Frankreich und Italien läuft. Im Frühling des Jahres 5556 (1796) herrschten Unruhe und Krieg. Frankreich wurde von der Revolution erschüttert, und in Italien kämpften französische und österreichische Heere gegeneinander.

Damals wurde ein 27-jähriger französischer General namens Napoleon Bonaparte zum Oberbefehlshaber der französischen Armee in Italien ernannt. Der Vormarsch der Franzosen war ins Stocken geraten, und der junge, energische Offizier sollte ihn wieder in Gang bringen. Das gelang ihm auch, und unter seinem Befehl errangen die Franzosen einen Sieg nach dem anderen.

Kurz vor Pessach belagerten die Franzosen Fossano und begannen die kleine Stadt zu bombardieren. Die Bomben fielen fast täglich, richteten große Schäden an und forderten viele Opfer. Aber die Stadt kapitulierte nicht, obwohl ihre Lage düster schien. Während der Belagerung kam Pessach, und trotz aller Not waren die Juden der Stadt entschlossen, ihr „Fest der Befreiung“ fröhlich zu begehen.

Selbst in normalen Zeiten war Pessach eine Zeit der Angst und Gefahr für die Juden, denn in der Osterzeit nahm der Hass ihrer christlichen Nachbarn oft noch zu, und sie wurden mit den wildesten Beschuldigungen überhäuft. Der schlimmste und verrückteste Vorwurf lautete, in den Mazen befände sich das Blut von Christen. Jeder Vorwand, und sei er noch so unsinnig, genügte, um den Mob gegen die wehrlosen Juden aufzubringen. Es war daher kein Wunder, dass die Juden in Fossano Angst hatten. Doch als Pessach kam, feierten sie die beiden Seder-Abende und die ersten Tage des Festes mit der üblichen Freude. Das machte viele Einwohner der Stadt wütend.

Konnte es einen besseren Beweis dafür geben, dass die Juden sich über den Erfolg des Feindes freuten? Gerüchte verbreiteten sich bei den Christen, wonach die Juden mit den Belagerern sympathisierten und ihnen womöglich wichtige Hinweise gaben. Die Ältesten der jüdischen Gemeinde spürten die Gefahr und baten den Stadtrat um Schutz. Doch der war mit der Verteidigung der Stadt beschäftigt und konnte keine Soldaten abstellen, um das Getto zu bewachen.

Am vierten Abend von Pessach eröffnete der Feind das übliche brutale Feuer; diesmal aber noch präziser. Zufällig fiel kaum eine Bombe ins Judenviertel, eine lange, schmale Straße in der Nähe der Stadtmauer. Die Bomben schienen über das Getto zu fliegen und in die anderen Teile der Stadt zu fallen. Jetzt fiel es den Hitzköpfen leicht, den Pöbel gegen die „verräterischen“ Juden aufzuhetzen. Ein Sieg über die Franzosen war undenkbar – nicht aber ein Sieg über die wehrlosen Juden. Mit Waffen aller Art lief der Mob ins Judenviertel. Dort gab es keinen Widerstand, denn die Juden hatten ihre Häuser verlassen und sich in die Synagoge geflüchtet, wo sie sich verteidigen wollten, obwohl die Feinde ihnen weit überlegen waren. Doch sie wussten, dass ihre Lage aussichtslos war, und darum beteten sie um ein Wunder, das sie vor einem Massaker retten sollte.

Inzwischen bahnte sich der Pöbel den Weg durchs Getto, brach in Häuser und Geschäfte ein und plünderte sie. Aber das genügte den Randalierern nicht – sie dürsteten nach jüdischem Blut, und sie näherten sich der Synagoge immer mehr. Diese befand sich im ersten Stock eines Gebäudes. Eine schmale Treppe führte zu einem Vestibül und von dort in die Synagoge, wo die Mitglieder der kleinen jüdischen Gemeinde aneinander gekauert auf den unvermeidlichen Angriff warteten.

Der Mob, wahnsinnig vor Wut, erreichte die Synagoge und begann die Treppe hochzusteigen. Einige drangen bereits ins Vestibül ein. Plötzlich krachte es ohrenbetäubend. Eine Granate, von den Franzosen blindlings abgefeuert, durchbrach die Wand der Synagoge und landete im Vestibül, genau vor den entsetzten Angreifern, die sich sofort umdrehten und hastig zurückzogen. Viele verloren ihre Beute, als sie voller Furcht um ihr Leben rannten.

Für die Juden von Fossano war es ein herrliches Wunder, denn sie wurden genau in dem Augenblick gerettet, als ihr Schicksal scheinbar besiegelt war. Die Bombe im Vestibül richtete nur geringen Schaden an – als wolle sie nur die Angreifer vertreiben und die Juden retten. Bald danach nahmen die Franzosen die Stadt ein, und die Juden waren außer Gefahr.

Die Ältesten der Gemeinde entschieden, dass die Juden von Fossano künftig den vierten Tag von Pessach als Tag der wundersamen Rettung durch den Allm-chtigen feiern sollten. Das klaffende Loch, das die Bombe in die Wand geschlagen hatte, wurde nicht repariert. Man machte daraus ein Fenster und versah es mit einer goldenen Inschrift, die auf Hebräisch an das „Wunder der Bombe“ erinnerte.




 
 
 

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