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Gedanke der Woche, Paraschat Wajikra:
Wie man opfert
Was haben Sie von dem kleinen Rüpel
gelernt, der Sie in der dritten Klasse immer ärgerte?
Was haben Sie von Ihrem Schwager gelernt, dem es Spaß
macht, bei jedem Familientreffen über Politik zu
streiten? Was lernen Sie von den Leuten, die Israel
kritisieren oder alle Juden hassen?
„Nicht viel“, denken Sie vielleicht. „Diese
Leute könnten etwas von mir lernen: Toleranz, Erleuchtung,
Spiritualität.“ Aber denken Sie eine Minute
nach: Was hätten Sie ohne diese Leute von Ihrer
Toleranz, Erleuchtung und Spiritualität?
Diese Woche lesen wir in Wajikra über Opfer, und
zwar geht es in der Torah um Tieropfer – um die
Reinheit des Ochsen, wie man das Tier schlachtet und
zubereitet, wie man den Altar baut und welche Öle
und Gewürze man verwendet. Wer ein richtiges Opfer
darbringen wollte, musste ein makelloses Tier opfern,
das beste der Herde.
Heutzutage kommen wir diesen Forderungen am nächsten
(sofern wir weder Schochet noch Machgiach sind), wenn
wir im Garten grillen. Das ist kein echtes Opfer, es
sei denn, Ihre unsympathischen Nachbarn riechen den
Duft und laden sich selbst ein. Was bedeutet das Wort
„Opfer“ heute? Als Opfer bezeichnen wir
eine Entsagung: Wir verzichten auf Geld, Zeit, eine
Niere ... auf etwas, was wir gut brauchen könnten,
was andere aber noch dringender benötigen. Damit
wollen wir sagen, dass wir für mehr Gerechtigkeit
in der Welt eintreten und uns von einigen unserer Güter
trennen, damit andere auch etwas haben. Kurz gesagt:
Ein Opfer ist eine Mizwa.
Was haben der Rüpel, Ihr Schwager und Antisemiten
damit zu tun? Im Grunde möchten Sie nichts mit
ihnen zu tun haben, und Sie brauchen ihnen auch nichts
zu opfern. Aber sie sind ein Teil der Unvollkommenheit
dieser Welt, und es ist unsere Aufgabe, die Welt besser
zu machen: tikkun olam, „die Welt heilen“.
Vielleicht glauben Sie, für solche Leute nichts
tun zu können; aber schon wenn Sie sie in ihre
Schranken weisen oder ihnen durch gutes Beispiel den
richtigen Weg zeigen, haben Sie ein Opfer gebracht und
somit auch eine Mizwa erfüllt.
Unvollkommenheit ist kein Problem; sie ist normal. Und
Sie können etwas daraus lernen: dass Sie immer
etwas Nützliches tun können, um Ihre Pflicht
auf Erden zu erfüllen. Seien Sie also dankbar für
unsere weniger zivilisierten Brüder; denn ohne
sie könnten Sie weniger Mizwot erfüllen!
Der Standpunkt des Rebbe
Gedanken und Einsichten des Lubawitscher Rebbe
Was du erfahren kannst, ist nicht unendlich. Was
du spürst, kann nicht G–ttes Wesen sein. Offenbarungen
und Erscheinungen sind nicht das Höchste im Leben.
Das Höchste ist, wenn du einfach deine Pflicht tust.
Vielleicht empfindest du dabei nichts und hast nicht einmal
Zeit, dich zu fragen, ob du etwas empfindest. Aber du
bist eins mit G–ttes Wesen und Existenz, du bist
ein Strahl seines Lichts.
Leitgedanken
„Wenn
ein Nasi (Stammesführer) sündigt“ (4:22)
Frage: Der vorige Pasuk schließt
mit den Worten „chatat hakahal hu“ (es ist
ein Sühneopfer für die Versammlung). Wie hängen
diese beiden Pesukim zusammen? (siehe Ba’al HaTurim)
Antwort: Ein Nasi ist verpflichtet,
seinen Stamm zu führen und zu ermahnen. Darum muss
sein Verhalten untadelig sein. Wenn die Leute wissen,
dass er sich daneben benimmt, kann er sie nicht mehr
ermahnen, denn sie werden ihm entgegnen: „Bessere
dich zuerst einmal selbst!“ Der Ansehensverlust
bewirkt, dass man ihn nicht mehr fürchtet und respektiert.
Die Leute tun, was sie wollen, und seine Sünde
wird zur Ursache ihrer Sünden. Darum muss er nicht
nur für seine eigenen Fehler sühnen, sondern
auch für die des Kahal.
„Kein Opfer, das du G–tt darbringst, soll
mit Sauerteig gemacht sein; denn kein Sauerteig ...
soll G–tt geopfert werden“ (Lev. 2:11).
„Warum wird Sauerteig so entschieden abgelehnt?
Weil er sich aufbläht.“ (Rabbi Menachem
M. Schneerson, der Lubawitscher Rebbe)
„G-tt sagt vom Hochmütigen: ,Ich und er
können nicht auf derselben Welt wohnen.‘“
(Talmud, Erchin, 15b) An Pessach 1865 nahm Rabbi Scholom
DowBer von Lubawitsch (damals vier Jahre alt) am Seder
seines Großvaters Rabbi Menachem Mendel teil.
An diesem Abend geschah etwas, was er nie vergaß.
Zu Beginn des Seders werden die drei Seder-Mazen mitten
durchgebrochen. Dieser Brauch heißt Jachaz (teile).
Die größere Hälfte wird für Afikoman
beiseite gelegt, die kleinere bleibt auf dem Seder-Teller
und wird nach der Hagada gegessen.
Ein Teilnehmer verglich seine beiden Stücke und
versuchte herauszufinden, welches größer
war. Daraufhin sagte Rabbi Mendel: „Wenn etwas
Großes gemessen werden muss, ist es kleiner
als das Kleine, an dem es gemessen wird.“
„Von da an“, erzählte Rabbi Scholom
DowBer, „verachtete ich diese Art von ,Größe‘.“
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